Knopfaugen blicken mich vorwurfsvoll an. Sie scheinen zu fragen: „Wo warst du die letzten Jahre? Hast du mich etwa vergessen?“ So etwas hatte ich fast befürchtet. Eine Reise in die Vergangenheit kann auch schmerzhaft sein. Doch langsam und von vorne.
Irgendwann in den Semesterferien hatte mich die Langeweile übermannt. Und wie das so ist wenn man nichts zu tun hat, traut man sich an Aufgaben, die man schon ewig vor sich hergeschoben hat. In meinem Fall: das Chaos meiner Plüschtiere-Sammlung im hintersten Teil meines Schranks zu ordnen. Die liegen dort seit 10 Jahren, und wahrscheinlich hätte sich das auch die nächsten 10 Jahre nicht geändert, wenn ich den Platz nicht gebraucht hätte.
Also machte ich mich wohl oder übel ans Werk. Ein bisschen Angst hatte ich schon… Meine Kindheit vor mir ausgebreitet zu sehen und nichts weggeben zu können. So ähnlich lief es dann auch. Nach einer halben Stunde waren mein Bett und der Tisch komplett voller Hunde, Elefanten, Diddl-Mäusen und Puppen. Und noch zig anderen Tiergattungen. Die meisten Namen wusste ich noch. Und ihre Geschichten. Dass der Maulwurf ein Geschenk von der Oma während dem Zoobesuch war. Dass das Stoffpüppchen mit den blauen Haaren der Grund war, warum mein Vater nachts auf der Autobahn noch einmal umdrehen musste, weil ich es auf der Familienfeier vergessen und ohne nicht schlafen konnte. Dass der Schlafanzug des Teddybären immer gerutscht und ständig wieder zurecht geschoben werden musste. Dass ich die eine Puppe nach dem Schwarm im Kindergarten benannt hatte.
Ich hätte noch ewig so weiter machen können. Aber die Müllsäcke und die Uhr rissen mich aus meiner Melancholie, und ich besann mich, dass ich ja aussortieren und nicht in Vergangenem schwelgen wollte. Zum Schluss hatte ich zwei große blaue Tüten voll. Mit Erinnerungsstücken die eigentlich gar keine mehr waren. Plüschtiere, zu denen mir keine Anekdote mehr eingefallen war. Der kleine feine Rest ist natürlich geblieben und hat einen neuen Platz unter dem Bett gefunden. Übrigens auch das oben erwähnte Exemplar mit den vorwurfsvollen Knopfaugen.
Die aussortierten Stücke wurden tags darauf in einen Kindergarten gebracht. Um für neue Geschichten herzuhalten. So dass vielleicht eine heute 5-Jährige in 15 Jahren auch in ihrem Zimmer steht und sich erinnert.